Oftmals habe ich es in meiner Arbeit mit Patienten erlebt, dass sie sagten:” ich bin beim Psychologen in Behandlung” aber bei genauerer Nachfrage stellte sich heraus, dass sie bei einem Psychiater oder Psychotherapeuten in Behandlung waren. Genauso wurde sehr gern gesagt, dass man beim Neurologen sei, aber eigentlich psychiatrisch behandelt wurde, wahrscheinlich auch, weil es leichter fiel, vom Neurologen als vom Psychiater zu sprechen. Die meisten Menschen kennen den Unterschied zwischen Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut, Neurologe oder Psychosomatiker nicht richtig und ich muss eingestehen, dass mir dieser auch nicht genau bekannt war, bis ich Psychologie studierte.
Ein Psychologe hat die Wissenschaft Psychologie studiert hat. Die Psychologie wird als die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Einzelnen definiert und beschäftigt sich zwar auch mit der psychischen Gesundheit, aber auch mit vielen anderen Bereichen, wie z. B. Pädagogische Psychologie, Arbeitspsychologie, Gesundheitspsychologie und vielen anderen Teilbereichen. Der Psychologe führt in der beruflichen Praxis meistens eine beratende Tätigkeit aus und führt Gruppenseminare zu verschiedenen psychologischen Themenbereichen durch. Er darf keine Medikamente verschreiben, denn das darf nur ein Arzt. Auch macht der Psychologie im allgemeinen keine Therapie im Sinne mehrstündiger Sitzungen, denn dazu fehlt ihm die Ausbildung. Deshalb darf er solche auch nicht über die Krankenkasse abrechnen. Dennoch gibt es auch manche Psychologen, die privat Sitzungen anbieten, meist im Bereich der Beratung oder des Coachings, wobei natürlich die Übergänge hin zu therapeutischen Handlungen fließend sein können. Der Klient bezahlt solche Leistungen dann aus eigener Kasse. Man findet Psychologen in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken aber auch in allgemeinen Krankenhäusern und Rehakliniken, wo er meist Einzelgespräche, Gruppenseminare oder Entspannungsübungen durchführt. Darüber hinaus wird er auch als Schulpsychologe eingesetzt oder beim sogenannten “Idiotentest”, der MPU, bei der er prüfen muss, ob der Begutachtende die psychologischen Vorrausetzungen hat, wieder ein KFZ führen zu können, aber auch im Bereich der Erwachsenenbildung unterschiedlichster Institutionen und in vielen weiteren auch häufig fachfremden Bereichen.
Der Psychiater oder eigentlich Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie genannt, ist ein studierter Mediziner, der sich auf den Bereich der psychischen Krankheiten spezialisiert hat und Medikamente verschreiben darf. Ihn findet man meist in der Psychiatrie, früher Nervenklinik genannt, in psychosomatischen Kliniken oder in einer niedergelassenen Praxis. Gleiches trifft für den Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie zu, der sich aber noch mehr auf die Gebiete Psychotherapie und Psychosomatik spezialisiert hat. Während die Psychiatrie die reine Heilkunde von der Behandlung psychischer Störungen bezeichnet, ist die Psychotherapie als die gezielte Behandlung psychischer Störungen mit psychologischen Mitteln definiert, während die Psychosomatik als Heilkunde den Einfluss der Psyche auf körperliche Beschwerden berücksichtigt. Weiterhin ist noch der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie zu nennen, der sich, wie der Name schon sagt, mit der Behandlung psychischer Störungen in jungen Jahren beschäftigt. Auch kann ein Facharzt einer anderen Richtung, z. B. Urologie eine Weiterbildung zur Psychotherapie absolvieren und dann fachbezogen in seinem Gebiet diese Methoden anwenden bei entsprechenden Indikationsstellungen. Das könnte z. B. in der Urologie bei einem Patienten mit Potenzproblemen der Fall sein. Der Neurologe behandelt rein körperliche Krankheiten des Nervensystems, wie z. B. Parkinson oder Multiples Sklerose.
Ein Psychotherapeut wiederum ist demzufolge ein Anwender von psychotherapeutischen Methoden zur Behandlung psychischer Störungen. Dabei kann es sich um einen psychologischen Psychotherapeuten handeln, d. h. einem Psychologen der nach dem Studium eine jahrelange Weiterbildung absolviert hat. Aber auch beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie gehört die psychotherapeutischen Behandlung zur Ausbildung genauso dazu wie bei speziellen Weiterbildungen für Fachärzte. Psychotherapie meint meist eine Gesprächstherapie mit mehr oder weniger Sitzungen, die meist über Wochen, Monate und manchmal Jahre dauern kann. Der Volksmund sagt gern:” da liegt man auf der Couch”, aber tatsächlich sitzt man bei den meisten Therapien. Die gängigsten und von der Krankenkasse in Deutschland bezahlten Therapieschulen sind die Klassische Psychoanalyse, die davon abgeleitete tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die systemische Therapie und die Verhaltenstherapie. Während letztere auf die Therapie der Psyche durch die Veränderung der Erlebens- und Verhaltensmuster in spezifischen Situationen abzielt und sich somit mit für den Patienten leicht bewusst machenden Inhalten beschäftigt, stehen bei der klassischen und tiefenpsychologisch fundierten Psychoanalyse/-therapie oft die unbewussten, tieferliegenden Erlebens- und Verhaltensmuster im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dabei geht die klassische Psychoanalyse streng nach dem Begründer Sigmund Freud vor, während die tiefenpsychologisch fundierte eine weiterentwickelte und oft auch leichter fassbare Therapieform dieser ist. Die erst seit 2020 von den Krankenkassen in Deutschland übernommene systemische Therapie, sieht eine psychische Störung immer als Ausdruck eines Systems, speziell des Familiensystems und behandelt mit speziellen systemischen Therapiesettings und Kommunikationsformen.
Aber welcher nun?
Es stellt sich nun die Frage, welchen Spezialisten man bei welchen Problemen in Anspruch nehmen sollte. Dies ist eine sehr komplexe Frage, die sich letztendlich nur individuell beantworten lässt. Oft habe ich es erlebt, dass Patienten mit psychischen Beschwerden vom Hausarzt Psychopharmaka bekommen und diese jahrelang nehmen ohne jemals psychotherapeutische Behandlungsformen ausprobiert zu haben. Natürlich kann das ein hilfreicher und bequemer Weg sein, diese Probleme in den Griff zu bekommen, aber ich halte diese Vorgehensweise nicht für optimal und in vielen Fällen als nicht hilfreich und manchmal sogar als schädlich. Zum einen muss man sagen, dass der Facharzt für Psychopharmaka der Psychiater ist. Die modernen Psychopharmaka sind ein großer Fortschritt der Psychiatrie, besonders bei hartnäckigen und schweren psychischen Störungen. Allerdings bin ich auch dagegen, immer gleich solche zu verschreiben. Gerade bei bestimmen Krankheitsbildern wie neurotischen Störungen, also Ängsten, Zwängen, Belastungs- und leichteren depressiven Symptomen und wo es für den Beginn dieser psychischen Beschwerden deutlich Auslöser gibt, wie ich es sehr oft bei meinen Patienten erlebt habe, z. B. der Verlust eines Angehörigen, schwere Krankheit, Pflege, Mobbing oder Stress auf Arbeit, kritische Lebensereignisse wie Trennung, Kündigung, Unfall oder Gewalterfahrungen, sollte doch vorher erstmal mit psychotherapeutischen Mitteln versucht werden, die damit beginnenden psychischen Störungen zu behandeln. Das Sprechen über das Geschehene, das Teilen der Emotionen mit einem anderen, fachkundigem Menschen oder mit Gleichgesinnten in einer Selbsthilfegruppe, das Ansprechen empfindlicher Punkte und verschiedene psychologische Interventionsmöglichkeiten können in vielen Fällen gut helfen, das seelische Gleichgewicht zu stabilisieren.
Im Allgemeinen kann man grob sagen, dass solche neurotischen Störungen wie Ängste, Zwänge oder Belastungsreaktionen auf schwierige Lebensphasen sehr gut mit Verhaltenstherapie oft ohne Medikamente behandelbar sind. Also wäre hierfür eine umfassende Verhaltenstherapie im Einzelsetting, in manchen Fällen auch im Gruppensetting eventuell zusätzlich, bei einem dementsprechend praktizierenden Psychotherapeuten die Empfehlung. Viele Patienten mit psychischen Beschwerden fahren zur “psychosomatischen Reha”(bilitation). So hilfreich und symptomlindernd dieser Behandlungen auch sein können, muss man auch sagen, dass in den wenigen Wochen meist nicht die Möglichkeit besteht eine umfangreiche Psychotherapie zu absolvieren und gerade diese bietet bei den genannten psychischen Störungen die besten Heilungschancen.
Auch klassische Psychoanalytiker und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeuten haben in ihrer Ausbildung einige Stunden Verhaltenstherapie aber deren eigentliche Therapieformen zielen auf die Bewusstwerdung unverarbeiteter, tieferer Konflikte und die Herbeiführung emotional korrektiver Erfahrungen ab. Sie sind deshalb besonders bei psychischen Störungen hilfreich, wo hartnäckige, in der Persönlichkeit tiefer sitzende, emotional dysfunktionale Erlebens- und Verhaltensmuster vorliegen, wie es z. B. bei verschiedenen Persönlichkeitsstörungen.
Bei schweren psychischen Erkrankungen wie akuten Schizophrenien, schweren Depressionen, bipolaren Störungen oder Demenz können medikamentöse und anderweitige psychiatrische Behandlungsformen sehr hilfreich sein. Bei psychosomatischen Beschwerden, d. h. also körperlichen Beschwerden bei denen ein psychischer Einfluss vermutet wird, weisen spezialisierte psychosomatische Kliniken und Fachärzte für Psychosomatik oft die beste Expertise auf.
Abschließend muss man aber dennoch festhalten, dass diese Empfehlungen hier nur sehr grobe Richtlinien sind. Die beste Behandlungsform erschließt sich immer aus der individuellen Betrachtung des Einzelfalls. Ebenso wichtig wie die richtige Behandlungsform können andere Faktoren sein. Dazu zählen individuelle Merkmale der Patienten oder Therapeuten, insbesondere aber die Beziehung zwischen beiden.